
30.09.2022 Mit Bewunderung liest DLf Kultur Ander Izagirres "Der Berg, der Menschen frisst", eine Geschichte Boliviens, seiner Rohstoffe, seiner Menschen und der kolonialen Ausbeutung. Ebenfalls Dlf Kultur empfiehlt Jonathan Moores in der Poe-Tradition stehenden Thriller "Poison Artist". Die FR empfiehlt Volker Reinhardts Biografie des Aufklärers Voltaire, dessen Menschenbild aktueller denn je sei.

29.09.2022 Die NZZ empfängt wertvolle "Lektionen" über das Erinnern aus Ian McEwans gleichnamigem Roman. Die taz amüsiert sich mit Annabelle Hirschs Geschichte der Frauen in 100 Objekten. Die Zeit lernt, wie wandelbar der Begriff des Tyrannen ist. Die FAZ erkennt mit Johannes V. Jensens "Neuen Himmerlandsgeschichten" die Folgen der technischen Moderne in der dänischen Provinz.

28.09.2022 Die FAZ fährt mit Dörte Hansen "Zur See" und gerät aufs Angenehmste in mittelschweres Gewässer. Die FR verbringt mit Ulla Hahn "Tage in Vitopia" und nimmt von Ian McEwan gerne ein paar "Lektionen" mit. Die NZZ prüft Paul Lendvais "Vielgeprüftes Österreich, und dem Deutschlandfunk begegnet mit Gunilla Palmstiernas "Eine Europäische Frau" (und Gattin Peter Weiss').

27.09.2022 Als Lehrstück in großer Kunst empfiehlt die FAZ Uwe Schneedes Geschichte des modernen Selbstporträts "Ich!". Von Nils C. Kumkar lernt sie, dass "Alternative Fakten" nicht auf eine andere Wahrheit zielen, sondern auf die Sabotage der Kommunikation. Die SZ spürt mit Anna Burns und Emilie Pines nach, welche Schäden politische Gewalt und patriarchale Strukturen in einer Gesellschaft hinterlassen. Die FR nickt heftig, wenn Cesar Rendueles "Gegen Chancengleichheit" und für echte Gleichheit plädiert. Der Dlf versinkt mit Antonio Munoz Molinas "Tage ohne Cecilia" in sanfter Melancholie.

26.09.2022 Der Dlf erkennt trotz aller Fantastik, wie tiefsinnig und präzise Juri Andruchowytsch in "Radio Nacht" von den politischen Entwicklungen in der Ukraine erzählt. Lustvoll stürzt er sich auch auf "Die Stadt für alle", die Osamu Okamura, David Böhm und Jiri Franta aus Papierhäusern und Wattewolken errichten. Die FAZ liest Kinderbücher: Ganz hingerissen ist sie von der freundlichen Lakonie, mit der Tom Gauld vom kleinen Holzroboter und seiner Baumstumpfprinzessin erzählt. Als starke Erzählung über das Abschiednehmen lobt sie auch Nikola Huppertz' "Unser Sommer am See".

24.09.2022 Haben Ernst Jüngers "Strahlungen" nachgelassen? FAZ und SZ sind jedenfalls pünktlich zur Stelle, um die wissenschaftliche Edition von Jüngers WK2-Tagebüchern zu begutachten, die SZ sogar in zwei Artikeln. In der FR bewundert Arno Widmann die Kunst, mit der Javier Marias in seinem letzten Roman "Tomás Nevinson" zwischen Essay und Roman schwebt. Die FAS knabbert auf "Kains Knochen" des britischen Rätselmeisters Torquemada herum, erfolglos zwar, aber mit großem Vergnügen.

23.09.2022 Die FAZ schwelgt in einem Band über die Free Music Production, die 40 Jahre lang den Free Jazz nach Berlin brachte. Die NZZ findet die "Medea" auch in der neuen virtuosen Übersetzung von Kurt Steinmann so verwirrend wie je. Dlf Kultur sorgt sich mit Johan Eklöf über "Das Verschwinden der Nacht" und ihre Auswirkungen auf die Tierwelt. Und lässt sich von Chuah Guat Eng in die "Echos der Stille" im Malaysien der 60er Jahre entführen. Die SZ empfiehlt Kinder- und Jugendbücher.

22.09.2022 Die FAZ schwelgt in der Sprachlust, dem Witz und der Eleganz von Ralph Waldo Emersons Tagebüchern. Die SZ lernt in den Tagebüchern von Rafael Chirbes einen von Selbstzweifeln geplagten Autor kennen. Die FR amüsiert sich über einen indischen Woody Allen in Aravind Jayans Roman "Teen Couple Have Fun Outdoors". Dlf Kultur erfreut sich an einem parodistischen Täuschungsmanöver mit Johan Harstads Roman "Auf frischer Tat".

21.09.2022 Unwiderstehlich findet der Dlf Herve Le Telliers kleinen Roman "Ich verliebe mich so leicht" über das vergebliche Liebeswerben eines alternden Mannes. Dlf Kultur erkundet mit Ed Yong "Die erstaunlichen Sinne der Tiere" und blättert beglückt durch ein Kinderbuch über Glenn Gould. Die NZZ feiert ihren Kandidaten für den Deutschen Buchpreis: Jan Faktors Roman "Trottel". Die FR vermisst Peter Kurzeck.

20.09.2022 Die FR preist die Poesie in Martin Kordics Roman "Jahre mit Martha" über Migration, Bildung und Liebe. Die FAZ liest mit Interesse, aber nicht ganz überzeugt David van Reybroucks Geschichte Indonesiens. Die SZ erkennt mit Emanuele Coccia, dass die Stadt als Konzept keinen Sinn macht, wenn die Leute ihre Wohnungen nicht mehr verlassen. Der Dlf weiß die Unordentlichkeit in Thomas Stangls neuem Roman "Quecksilberlicht" zu schätzen. Der DlfKultur freut sich über die Wiederentdeckung der amerikanischen Autorin Gayl Jones, die in ihrem Roman "Corregidora" von einer Bluessängerin im Kentucky der vierziger Jahre erzählt.

19.09.2022 Die SZ erinnert sich mit Chiara Valentini an den Eurokommunisten Enrico Berlinguer, der das leichtisinnige Italien heute wieder etwas demokratische Noblesse lehren könnte. Mit Beschämung liest sie auch Miroslaw Wleklys Biografie des des britischen Journalisten Gareth Jones, der Stalins Hungermord an den Ukrainers aufdeckte. Die FAZ lauscht mit Klaus Sander den Erinnerungen des einstigen Reeperbahnkönigs Wolli Köhler. Der Dlf empfiehlt Mariam Kühsel-Husseinis Roman "Emil" über Cioran in Nazi-Deutschland.

17.09.2022 Der Dlf lässt sich gern die Tristesse in Riga von Janis Jonevs' Coming-of-Age-Roman "Jelgava 94" nahebringen. Die SZ spürt Poesie und Wahrhaftigkeit in Edgar Reitz' Erinnerungen "Filmzeit, Lebenszeit" nach. Die FR lässt sich gern von Chiara Valentini an den dialogfähigen Eurokommunisten Enrico Berlinguer erinnern. Die FAZ folgt der Physikerin Stefanie Arndt ins gar nicht mehr so Ewige Eis. Und die taz fragt sich nach Ruth Herzbergs "Die aktuelle Situation", ob sie jetzt demisexuell ist oder Herzberg "normal".

16.09.2022 Der Dlf begibt sich mit Etel Adnan auf eine letzte große Reise in den Kosmos. Die SZ bewundert den Mut Omri Boehms, der ihr die "dunkle Seite" der Identitätspolitik darlegt. Die FR staunt über die Messerschärfe, mit der Christoph Peters die Schlangengrube der Berliner Politik zerlegt. Dlf Kultur lässt sich von Christoph Butterwegge detailreich auseinandersetzen, was im politischen Umgang mit der Corona-Pandemie falsch gelaufen ist. Mit freundlicher Skepsis besprechen FR und NZZ Jürgen Habermas' Studie über den neuen Strukturwandel der Öffentlichkeit.

15.09.2022 Bookerpreiswürdig findet die FAZ Claire Keegans Roman "Kleine Dinge wie diese", der von harten Zeiten im Irland des Jahres 1985 erzählt. Empfehlen kann sie auch Jenny Tinghui Zhangs "Fünf Leben", ein Roman über eine Zwangsprostituierte im Amerika des 19. Jahrhunderts. Als aufschlussreich lobt die Zeit Abdulrazak Gurnahs Roman "Nachleben" über die deutsche Kolonialvergangenheit in Ostafrika. Dlf Kultur versinkt mit Jochen Schmidt in Erinnerungen an Sommerferien und den Zweiten Weltkrieg.

14.09.2022 FR und Dlf Kultur schwärmen vom neuen Roman von Abdulrazak Gurnah, der ihnen so nuanciert und nüchtern vom Leben im Ostafrika der deutschen Kolonialherrschaft erzählt. Die FAZ lässt sich von Peter Demetz in 62 literarischen Essays empfehlen, was sie wiederlesen soll. Als radikales Plädoyer für Verständnis gegenüber einer Frau, die keine Mutter sein will, liest die SZ Maren Wursters Roman "Eine beläufige Entscheidung". Und Dlf Kultur reist mit Wolfgang Bauer ernüchtert durch Afghanistan.

13.09.2022 Als atemberaubend intelligent feiert der Dlf Thomas Hürlimanns monströs-skurrile Internatsgeschichte "Der Rote Diamant". Berührt verfolgt der DlfKultur, wie sich in Heinz Helles "Wellen" Glück und Unglück im Leben eines Vaters ablösen. Die FAZ folgt Said freudig ins Teheran der Fünziger, von David Mitchells "Utopia Avenue" lässt sie nach anfänglichem Widerstand ins wilde London der Sechziger mitreißen.

12.09.2022 Der Dlf erlebt mit Angela Steidele den Ideenwettstreit der Aufklärung aus der Sicht von Bachs Tochter Dorothea. Der DlfKultur streift mit Musa Okwonga durch Berlin. Die FR schärft ihren reaktionären Verstand mit den "Notas" von Nicolas Gomez Davila. Und die SZ verfolgt erwartungsfreudig, wie Dirk von Petersdorff in seiner Novelle "Gewittergäste" die Krisen wolkenhoch über Brandenburg auftürmt.

10.09.2022 Einen neuen Strukturwandel der Öffentlichkeit untersucht Jürgen Habermas in seinem jüngsten Band, ausgelöst durch das Internet, dass den geregelten Diskurs zerstöre. Die taz geht d'accord und wünscht sich mit dem Philosophen eine Ordnung der digitalen Öffentlichkeit. Für Dlf Kultur geht Habermas in seiner Analyse nicht weit genug. Die FAZ dagegen findet seinen Öffentlichkeitsbegriff ein wenig realitätsfern. Außerdem: Ganz schwindelig wird der FR auf dem Karneval, den Juri Andruchowytschs "Radio Nacht" entfesselt. Die taz liest Interviews mit Pier Paolo Pasolini.

09.09.2022 Die FAZ lernt in Harald Jähners "Höhenrausch", in Krisenzeiten einen klaren Kopf zu bewahren. Mit Silke Kipper lauscht sie dem Gesang des Fliegenschnäppers. Die Welt reitet mit Gaspard Koenig auf den Spuren Michel de Montaignes bis nach Rom. Dlf Kultur entdeckt mit Thomas Wagner anti-hierarchische Gemeinschaften auf der ganzen Welt. Der Dlf feiert mit Julia Deck, Eliten, Rappern und Gelbwesten ein katastrophal Fest in einem französischen Schloss. Und die SZ empfiehlt Kinder- und Jugenbücher über Außenseiter.

08.09.2022 Die FR erliegt dem Charme der untergehenden Bourgeoisie, die Thomas Melle in "Das leichte Leben" beschreibt. Die FAZ liest mit Scholastique Mukasongas Memoir "Frau auf bloßen Füßen" auch eine kurze Geschichte der Tutsi. Und findet eine überraschende Leichtigkeit in den neuen Gedichten von Durs Grünbein. Der in Paris lebende Raharimanana denkt nach über "Zurückkehren", in diesem Fall nach Madagaskar, und dies in einem wunderbar flirrenden Text, lobt Dlf Kultur. Enttäuscht ist hingegen die SZ von Jennifer Egans neuem Zukunftsroman "Candy Haus": Wo sind die radikalen Perspektiven, fragt sie.

07.09.2022 Die SZ kann sich nicht helfen: Der neue Robert Galbraith aka J.K. Rowling übt einen unwiderstehlichen Sog auf sie aus. Die NZZ ist schwer beeindruckt von der Lebensgeschichte der Malerin Susanne Carolina Faesch, die Alex Capus zu einem Roman verarbeitet hat. Dlf bewundert die literarische Energie, mit der Lize Spit in "Ich bin nicht da" eine Depression verarbeitet. Dlf Kultur durchstöbert zusammen mit dem Philosophen Emanuele Coccia heimische Keller, Dachböden und Kleiderschränke um herauszufinden, was ein Zuhause ausmacht.

06.09.2022 Die SZ feiert die Wiederentdeckung der italienischen Schriftstellerin Goliarda Sapienza, die sie mit ihrem epischen Prunkroman "Die Kunst der Freude" ebenso beeindruckt wie mit tiefenscharfen Fresken aus dem Gefängnis. Der Dlf erkennt die Doppelbödigkeit in Louise
Nealons autobiografischem Roman "Snowflake". Die FR begeistert sich für Behzad Karim Khanis Neukölln-Roman "Hund, Wolf, Schakal. Der DlfKultur flieht mit Leona Stahlmann in die norddeutsche Marsch. Und die taz sehnt sich mit Rasmus Engler und Jan Müller zurück in Hamburgs Indieszene der neunziger Jahre.

05.09.2022 Der Dlf feiert Jean Malaquais' Marseiller Emigrantenroman "Planet ohne Visum", in dem sich jüdische Flüchtlinge, russische Dissidenten, italienische Künstler, Marseiller Arbeiter und französische Aristokraten tummeln.Die FAZ verschlingt Oliver Bottinis Oberliga-Thriller "Einmal noch sterben" rund um den BND-Informanten Curveball. Auch Chuah Guat Engs malaysischen Krimi "Echos der Stille" liest sie gern. Benjamin Lahusens Studie zur NS-Justiz "'Der Dienstbetrieb ist nicht gestört'" lässt der SZ die Haare zu Berge stehen.

03.09.2022 Die Welt erlebt mit Juri Andruchowytschs Ex-Revolutionär die blutigen Revolten in der Ukraine und ihre Folgen. Mit Lauren Groffs Nonne Marie begibt sie sich auf einen Selbstermächtigungstrip durch Frankreich. Dlf Kultur gibt sich mit Sara Mesa Obsessionen in der spanischen Provinz hin. Die taz lässt sich von Julia Friese brutal ungefiltert über Mutterschaft aufklären. Die FR streift mit Oksana Sabuschkos "Schwestern" quer durch die Ukraine. Und in der FAS muss Jürgen Kaube Omri Boehms radikalem Universalismus in einigen Punkten widersprechen.

02.09.2022 Die FAZ flaniert mit dem von Maria Antonella Pelizzari und Arden Sherman herausgegebenen Fotoband durch ein Jahrhundert in Harlem. Mit Volker Hagedorn begegnet sie Freud, Mahler und anderen Größen der Jahre 1900 bis 1918. Die NZZ lässt sich von Omri Boehm über Identitätspolitik aufklären. Die FR lauscht gebannt, wenn ihr Michel Friedman in Form eines "atonalen Langgedichts" vom Gefühl des Fremdseins erzählt. Und die SZ empfiehlt Lesern mit starken Nerven Christian Friedrich Laukhards Berichte aus dem "Fußvolk".

01.09.2022 Die FAZ freut sich mächtig über den achten Band aus Peter Kurzecks Riesenromanprojekt - das Beste, was der Autor geschrieben hat, meint sie. Außerdem bewundert sie den gnadenlosen Biss, mit dem Dirk von Petersdorff das deutsche Doppelhaus-Milieu zerlegt. Die FR lässt sich anstecken vom "sprudelnden Geist" der Gedichte von Ernest Wichner. Die Zeit begleitet Werner Herzog durch ein Leben im Extrem. Und Dlf Kultur verdankt Emma Rothschilds Roman "Eine Hochzeit in der Provinz"einen differenzierten und spannenden Beitrag zur Kolonialgeschichte.